Amphitryon - Eine Montage
Nach Texten von Plautus, Molière, Dryden, Kleist, Giraudoux, Kaiser, Hacks
Theaterliteraturgeschichtlich ist >Amphitryon< die erste Tragikomödie, die auf den Brettern, die die Welt bedeuten zur Vorstellung kommt; wobei Plautus der erste war, der den Mythos um "die lange Nacht" auf die Bühne gebracht hat. ; gattungsspezifisch also noch am ehesten die geeignete Form eines Dramas, um disperate An- und Einsichten, die ästhetisch im Zuge der postmodernen Philosophie am Anfang der 90er Jahre zur Diskussion standen, im Theater wiederzugeben. Auch von Interesse war bei der Umsetzung des Stoffes das Moment der Verkennung, also dass Amphitryon und Alkmene - als sie sich nach der langen Nacht (wieder-)begegnen - sich jeweils vorkommen, Akteure in einem anderen Film zu sein, obwohl beiden doch von der gleichen Handlung erfasst sind.
So wurde in der Montage die Bühnenfigur Amphitryon von Molière gegen die Bühnenfigur Alkmene von Kleist geschnitten, um damit die Unmöglichkeit eines verständnisvollen Austausches dramaturgisch zum Ausdruck zu bringen. Zudem konnten damit auch die charakteristischen Motive der Bühnenfiguren (herrschaftliche Macht bei Amphitryon und ohnmächtige Weltflucht bei Alkmene) textlich begründet und bestimmt werden, so dass dann deren Aneinander-vorbei-Reden in dieser Szene anhand der Sprache nun sowohl formal wie inhaltlich reflektiert wurde. Die Götter, Jupiter und Merkur, sprachen mit- und untereinander durch die Textvorlagen von Giraudoux oder Hacks, passten sich aber in den anderen Szenen der jeweiligen Sprache der Menschen an. Der Text von Sosias basierte auf Plautus und Dryden. Nach der Pause sprachen alle Bühnenfiguren nur noch mit den Worten von Hacks.
Der aus dieser Verfahrensweise resultierend Umstand, dass hierbei Sosias mal als Sklave, mal als Philosoph bezeichnet wurde, bemerkte die Kritik als dramaturgischen Mangel. Vielleicht begründete sich diese Beurteilung damit, dass 1991 eine derartige Text-Montage als dramaturgisches Mittel - im Vergleich zu heute - nur sehr sehr selten als Kreativ-Technik im Theater der Zeit zum Einsatz kam. So entging der Rezension leider das intendierte Aperçu, dass nämlich Philosophie nur in dienender Funktion für die Gesellschaft wahrhaftig ist.
Besetzung / Team
Alkmene | Kirsten Oberhoff |
Jupiter | Martin Menzer |
Amphityon | Wolfram Goebel |
Merkur | Bjarne Mädel |
Sosias | Martin Engler |
Regie/Dramuturgie | Karsten Schönwald |
Regieassistenz/Redaktion Programmheft | Jan Bosse |
Bühne | Ralf Adelmann, Karsten Schönwald, Susanne Leinemann |
Licht | Ralf Adelmann, Susanne Leinemann, Patrick Fuchs |
Kostüme | Kerstin Mohr |
Kostümmitarbeit | André Kircher |
Musik | Ralf Herrmann, Jürgen Weig |
Masken | Stephane Laimé |
Visagistin | Rosel Matrio |
Plakat/Programmheft | Bodo Birk |
Fotos | Katrin Springer |
Premiere: 28. Mai 1991
Experimentiertheater Erlangen
Dauer: 120 Minuten