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theater24 - freies Ensemble der performativen Künste

WAS IHR WOLLT von W. Shakespeare (Köln, 2010)

MERCIER & CAMIER - Dramatischer Versuch einer szenischen Lesung des gleichnamigen Romans von Samuel Beckett (Erlangen, 1992)

FUGA von S. Lohuizen (Köln, 2018)

DAS LEBEN EIN TRAUM von Calderon de la Branca (Stralsund/Greifswald, 1998)

BACK@ONLINE - Theatercollage nach Texten von S. Beckett (Köln, 2001)

KUPRIJANOV UND NATASA von A. Vvedenskij (Erlangen, 1992)

DIE NYMPHE: MNEMOSYNE: - Digitale Edition und Interpretation aller "fünf" Strophen von F. Hölderlins gleichnamigem Fragment (YouTube-Livestream, 2021)

DIE DEUTSCHEN KLEINSTÄDTER - Trashical nach A. Kotzebue (Köln, 2013)

PARTY MIT PROGRAMM - Russische Absurde und Jiddische Musik (Erlangen, 1993)

POLAROID von Dittgen/Gründel (Köln. 2011)

AMPHITRYON - Theatermontage nach Texten von Plautus, Molière, Dryden, Kleist, Giraudoux, Kaiser, Hacks (Erlangen, 1991)

DIE NACHT KURZ VOR DEN WÄLDERN von B.-M. Koltès (Köln, 2008)

Fabel zum Tagebuch des Verführers

nach Sören Kierkegaard

Ebenso wie „Das Tagebuch des Verführers“ eingeleitet wird durch ein Vorwort, bedarf auch diese Notation besonderer Hinweise.

In erster Linie dient diese Fabel als Kompass. Formal folgt sie den einzelnen Absätzen, editorisch nach Datum sortiert, samt Nummerierung der Briefe. Inhaltlich ist ihr an Verdichtung gelegen. Dank dieser eidetischen Reduktion wäre damit der Seitenumfang von 180 auf 15 komprimiert.

Zu bemerken vielleicht noch, dass bei Kierkegaard dem Tagebuch des Verführers sowohl drei Briefe der verführt Verlassenen voraus gestellt sind, wie auch das Geständnis des Herausgebers, durch Diebstahl in den Besitz dieser Schriften gelangt zu sein.

4.4.
Erste Begegnung im Spiegel eines Krämerladens. Die kleine kurze Hoffnung eines Seitenblicks. Gleich aus dem Wagen springen oder doch lieber auf festen Boden warten.

5.4.
Ein überraschendes Wiedersehen auf der Straße am Abend. Projektion fremden Lebens. Die Hilfe und der Händedruck eines Besessenen.

7.4.
Stelldichein mit einer schönen Unbekannten im Rahmen einer Ausstellung. Ihr Lächeln hinter dem Rücken des Geliebten als Dank der Anteilnahme und Beendigung der Rache. ADOLF BRUNN, EIN VERREISTER FREUND.

9.4.
Auf der Straße erneute Begegnung mit dem in Vergessenheit geratenen Imago des Begehrens. Nur ein grüner Mantel ist geblieben.

11.4.
Ihr Eindruck ist im seinigen Gedächtnis aufgelöst in einen Rest von Erinnerung; die Melancholie des Verliebens.

14.4.
Für die entflammte Leidenschaft ist jede Begegnung mit ihrem Fetisch Öl ins Feuer der Verrückung.

20.4.
Treibend im Himmel der Hoffnung werden Sehnsucht und Erwartung gestillt durch die nebeligen Gesichte des Mondes.

21.4.
Das Eine und die Vielfalt prägen Münzen von unterschiedlicher Währung, von unterschiedlichem Gewicht. Billiger - weil einfacher und schlichter - das Eine; kostbare Begegnung im Unbestimmten.

5.5.
Der Zufall - sonst ein Freund der wilden Furcht - wird zum Albtraum, Fluch, wenn es so scheint, dass die Weit sich aufgehoben hat im Stillstand ihrer selbst.

6.5.
Noch immer kein Wiedersehen; auch die Mäntel sind mittlerweile in den Schrank gesteckt. Was bleibt ist ein >vielleicht< - und der Frühling eben.

12.5.
Im Regen stehend fordert der Schirm von seinem Herrn ein Höchstmaß an Selbstverleugnung; nur ein kleiner Seitenblick darf Möglichkeit werden.

15.5.
Dem Zufall Dank gesprochen: Aus dem Gemächtnis des Verstecks heraus trifft der Verführer seine Liebe. Ein Missgeschick hindert weiteres Begegnen.

16.5.
Das Bild von ihr verfestigt sich gedanklich zusehends; trotz Verflüchtigung und dem Mysterium des sich Verliebens. Die Ohnmacht des ersten Moments in Kraft münzen, ohne dabei billig im einfachen Sinne zu sein oder energeia einzubüßen. Ein erstes Nachsinnen über vorhandene Möglichkeiten, wie auf Umwegen das Sich-Näher-Kommen zu genießen ist.

19.5
Ein erneutes Wiedersehen schafft dem Verrückten zugleich Ruhe und Bewegung des Geistes im Reflex auf ihren Namen. Die Familie wird noch kommen. CORDELIA.

20.5.
Das Verlangen macht sich Luft in der Befriedigung des Wissensdurstes. Über Dritte erhaltene Auskünfte spiegeln das Fremde als unbekanntes Wesen im Alltag wider. CORDELIA WAHL.

21.5.
Ihr Schlafgemach weckt die Lust des Jägers, zu noch vorsichtigeren Methoden der Observation des begehrten Objekts in dunklen Nächten herabzusteigen.

22.5.
Der Kontakt ist hergestellt, man wurde einander vorgestellt. Nur keine Plötzlichkeit aufkommen lassen, die den Schleier des Verlangens voreilig lüftet und enttäuscht. So benommen ist das Missgeschick am wirkungsvollsten. FRAU JANSEN UND DEREN ZWEI TÖCHTER.

23.5.
Ihr Fall birgt Hindernisse, da die Isolation der verbliebenen Familie nahezu perfekt funktioniert. Ihr Motor ist Geiz und Strenge - die Angst der Tante vor falschem Umgang; denn zu anderen gesellt sich nur mit Stolz der eigene Name gerne. DIE TANTE.

27.5.
Der entflammte Geist prüft vorhandenes Material und zieht seine Schlüsse über das Wesen des Objekts seiner Begierde. Er sucht Gesellschaft, aber nicht im populären Sinne.

30.5.
Der Traum von der Hingabe der Frau im Anschluss an das Netz der innerweltlichen Verstrickung der Körper, in dem sie fallend gehalten roterblüht, wie eben gerade nur im Frühling der Genuss nach überstandenem Winter heimkehrt ins Haus der erwärmenden Sinnlichkeit. Man sieht sich im Verborgenen immer öfter.

Die Heraufbeschwörung ihres Namens Mächte ist verbunden mit der Nähe des Privaten.

2.6.
Zur Psychologie des Opfers der Verführung: Der Wunsch, sich zu ändern, eine andere Geschichte zu besitzen, von anderem Geschlecht zu sein. Die Teilhaberschaft ihres musikalischen Vortrags am Klavier allein bei Jansens bleibt still.

3.6.
Immer noch herrscht Unklarheit, ob des Verhältnisses und überhaupt.

Der innerweltliche Bezug gewinnt an Gehalt.

Laufend produziert das Projekt neue Produktionen.

Im Stolz der verborgenen Liebe erleuchtet das Interessante die Scheu des Begehrens, so dass die Geschichte der Verstrickung ihren Gegenstand, die situationale Wesenheit, gefunden hat. Das fremde Selbst wird aufgedeckt im Rahmen der Ermittlung und unterhält den Besitzenden - oder gibt es gar einen Mitstreiter im besten Sinne.

5.6.
Der geharnischte Engel steht gleich vor der Tür. Als Schatten überwacht die Begierde die Situationen unterschiedlicher Verlegenheit beim Mann, der wirbt; dann lieber Geschlechtsneutralität. EDVARD. L

7.6.
Nichts wird unternommen, um die Zügel fremder Pferde zu drosseln. Im Gegenteil, dem unmaskierten Nebenbuhler - dem bereits vom Hafer gestochenen - werden die Sporen nur noch tiefer in die Flanken getrieben. Das erste Hindernis ist genommen.

Die unoffensichtliche Nichtachtung der Person des Begehrens erschließt sogar den familiären Hintergrund; die Tante ist für sich gewonnen. Öffentlichkeit schützt vor Verborgenheit nicht. So wird selbst das Wohnzimmer umgedacht zum Hinterhalt. Der Tratsch mit der Tante, hinter deren Rücken sich die Heimlichkeit vollzieht, lenkt eigentlich wunderbar vom Thema ab.

Wären die Umstände andere, das Bild würde sich in der Vorstellung zum Faust-Mephistofeles-Gespann verdichten lassen. Durch Raffinesse verwandelt sich Verachtung in das erblühende Lachen milder Ironie.

Im Verlangen des eigenen Interesse an Gesellschaft verschwindet der Widerstand im Gegenüber von selbst; zwar nur langsam, aber dafür stetig, sicher und mit Bestimmtheit.

Im Wonneseufzer gebiert sich die verjüngende Macht der Liebe.

Der Umweg über den Hass macht aus Mitleid Ironie.

Nachts weiden sich die Augen an ihrem fiktiven Blick zu den Sternen empor. Der Geist im Schatten ist frei, wird aller Dinge habhaft.

Die methodische Verführung verletzt ihren Gegenstand am eindringlichsten und geht um so tiefer, je ungewöhnlicher ihre Verfahrensweise ist. Auch wenn der Gegenstand selbst dabei zu Grunde geht, so bleibt doch für sie als Entgeltung das Interessante beständig vorhanden.

In der Ironie findet die Empörung ihren Ausdruck, der selbst jedoch ein erstes Anzeichen für wachsende Vertrautheit ist.

Die Rechnung geht allem Anschein nach zu seinigem Wohle auf. Der in die Schlacht gezogene Freund verbrennt zusehends sein Pulver ohne Wirkung, bzw. mit einer negativen in bezug auf Cordelias Gunst.

Die Kraft und Macht eines wahrhaftigen Verführers liegt nicht in seinen Händen, sondern in denen seiniger Diener. Wie Zephire folgen sie seinem Willen und stürzen sich auf ein verlobtes Liebespaar als Opfer seiniger EiferSucht. Mit der Leichtigkeit luftiger Gedanken umwinden seine Wesen auf der Straße die Gestalt eines jungen Mädchens und zeichnen im derart umgarnten Kleidchen deren Körper frei. Eine Verlobte verweigert im Zusammenhang mit ihrer Liebe einer Bekannten den freundschaftlichen Gruß; sie schmiegt sich statt dessen um so demütiger an des Verlobten Leibes Schulter, was für sie vorläufig just das Rechte ist. Einem dritten Gespann folgen die Winde nicht weiter; diese rennen festen Schrittes davon. Andernorts hat sich die Thermik ergeben. DREI LIEBESPAARE. EINE BEKANNTE.

Auch weiteren Betrachtungen hält das Objekt der Begierde stand; es -gesundet sogar bei genauerem Hinsehen.

Der Wald ist gerodet, die Felder gepflügt und bestellt, der Umgang wird freier und wärmer, das Wetter. Im Gespräch geht nahtlos versteckte Vertrautheit über in geheime Verschwörung. Zum Vorschein kommt die Freiheit wechselseitiger Anziehung. Ein Spiel soll es bleiben!

Von Baxters gemeinsam aufbrechend, trennt sich die Tirade rasch. Die Sehnsucht verlangt diesen Schritt; zumal das Mahl von mal zu mal einmaliger zermürbt: die Hitze des Ofens, auf dem mehrere Speisen zugleich gekocht werden. FAMILIE BAXTER.

3.7.
Anstatt völlig direkt zu werden, verschiebt sich die methodische Verführung auf die rechte Gestaltung ihres Widerparts; je heller es strahlt, desto heftiger gibt es dabei seine Blöße preis.

Das Ungeheure ist der Schönheit reinste Begleitung. Nur dieses kann im Ästhetischen einen harmonischen Ausgleich bilden. Ausdrücklich gilt es, den Schein zu lichten durch systematisches Vorgehen.

Die Taktik ist die denkbar einfachste; einfach das Gegenteil vorgeben: zu wollen, bei strenger Vermeidung von Erotik - ein Argon. Kenner genießen die Schamhaftigkeit in ihrem Altern

immer dichter umspannt das Verlangen seinen Gegenstand. Jede Begegnung - kontrolliert mittels Geistesgegenwart - spinnt das Netz im Hintergrund ein wenig enger. Edvard ist die Leuchte, in deren Schatten die Leidenschaft zu sich kommt. Unheimlich bleibt das Zwielicht entzündet im Herzen Cordelias; gerade Vorlesungen dienen dazu am besten.

Flüchtiges Schauen gewinnt die Präsenz sinnlicher Gewissheit.

Anderweitige Verpflichtungen gemahnen zur potenzierten Entwicklung, womit die Sicherung des erreichten Zustandes verbunden ist, um nach der Rückkehr nicht von Neuem beginnen zu müssen,

Wahrhaftige Überraschungen wirken sich bis in den Alltag aus, wo das Interessante bekanntlich auf der Straße liegt. Die aus dem grüßenden Hut gezauberte Erinnerung beweist gewisse chaotische Komik.

Der von sich aus zunehmende Sturm erotische Leidenschaft überrascht insofern, als dass ein Moment lang das Leben entwurzelt dennoch weiterhin existiert. Auch das Verbrechen der Entführung überrascht eigentlich wenig, da ständig mit Verfolgern zu rechnen ist. Was bleibt da andres übrig, als den gewöhnliche Weg über die Form der Verlobung einzuschlagen, will das Opfer angenommen werden. Die Überraschung ist um so größer, je eigenständiger das Subjekt sich täuscht. Deshalb ist auch der Seitenblick nichts für das Interessante. sondern höchsten pikär.

Die Entscheidung ist nahe, die Anspannung treibt in die Katastrophe, aus Freund wird Feind.

Die veränderte Taktik zeigt Wirkung an durch schwankendes Verhalten; bald ist - volente deo - Verlobung.

23.7.
Die in ernster Rede vorgestellte Verlobung dient der Leidenschaft als Halt und befreit sogar vom festgefügten alten Bild bei langfristiger Betrachtung.

Nur persönliches Vorsprechen allein erregt beim Empfänger die Überraschung, die systematisch genug ist, um weiterzugehen. Die Person löst sich auf und wird zu einer guten Partie.

Da mit dem Einverständnis zugleich die Zukunft terminiert wird, diese jedoch im Ästhetischen unter allen Umständen freien Genuss zu Wege bringen soll, muss sich die Einwilligung in die Verlobung so natürlich wie möglich vollziehen.

31.7.
Gerne teilt der Besessene seine Begierde mit Dritten; seine Dienste gehen von Verkupplung über Voyeurismus bis hin zum Austausch der Teilnehmer.

2.8.
Stierig nach Vorschrift geht die Verlobung vor sich - warum auch nicht. --,Es lohnt sich nicht, blumige Worte zu verwenden, wenn sie nur abfallen können im Vergleich zum umworbenen Objekt der Begierde. Gerade eine formale Prozedur überrascht in dieser Hinsicht komischerweise 3rn stärksten. Dass dieses Vorgehen jedoch die Entscheidung verhindert, versteht sich von selbst; das bezeugt das fehlende Dritte.

Nach soviel landwirtschaftlicher Fürsorge sollte der bestellte Baum nur süße Früchte tragen. Im Ganzen verstanden ist dieses jedoch nur natürlich; also ebenso spießig wie belanglos.

3.8.
An sich betrachtet hat die Verlobung nichts für sich, doch bringt sie es mit sich, daß die Gesellschaft eine andere Form des Umgangs bevorzugt. Als Teil dieser hat man Anteil an der Beurteilung des Ganzen.

Der hintergangene Freund ist außer sich vor Empörung; sein Haar sprießt wie nie zuvor. Dass derart Eindruck geschunden wird, ist zu vermeiden, indem der Rücktritt den Blindwütigen rücksichtslos gegen eine Wand laufen lässt.

Da die Begierde weit über den Rahmen des Verlobtseins hinaus Besitz von ihrem Objekt erfasst, sind die gesetzlichen Grenzen des Zusammenseins schleunigst aufzuheben. Das Lieben zu lernen, ist daher äußerstes Ziel der Verführung. Mit ein bisschen Liebe kann sich die Begierde nicht zufrieden geben. Sie will alles und ganz und gar. Eine Differenz zwischen Traum und Wirklichkeit ist im dialektischen Verhalten tunlichst zu vermeiden.

Nach offizieller Verlobung ist ebenso viel bekannt wie verschleiert; zwar besteht in der Öffentlichkeit eine allgemeine Zugehörigkeit, doch weder gehört noch gehorcht das Objekt der Verführung den Stimmungen der freien Liebe. FREUNDE UND ANVERWANDTE.

Weiterhin gilt es, im Alltag das Erotische andeutend zu vermeiden, will die Verankerung der Liebe nicht vorzeitig im Innersten mit Leidenschaft gebrochen werden. Ein Nebeneinander von Tief und Hart geht aus dem Ineinander hervor.

Um in Liebe die Verlobung aufzulösen, genügt es, die engen Grenzen dieser Verbindungsart bei anderen vor Auge zu führen; womit zugleich auf die verborgenen Gänge und auf andere Heimlichkeiten der begehrenden Leidenschaft hingewiesen wird und diese sukzessiv in Bewegung setzt. Dies gelingt dem aufmerksamen Tänzer, indem er sich verflüchtigend - ein so leises Gegenspiel bietet, wie Salz in der Suppe. GESELLSCHAFT BEIM ONKEL.

Im familiären Bezug des Geredes über Status und Stellung verschwindet die unmittelbare Erotik zugunsten einer höchst fragwürdigen Geschichte. Nach einer Aussprache - nicht über die Gründe, sondern übet die Wege und Kniffe der Eroberung - schließt der liebestolle Zweifel das sympathische Tor ein klein wenig lockerer.

Den exzentrischen Stolz des begehrten Weibes brechen, ohne dabei selbst unter Beschuss zu geraten, ist gerade die Aufgabe der hohen Kunst der Verführung.

Ein Blick durch fremde Schlüssellöcher fordert sonderlich das Blut in Wallung; nicht ganz uneigennützig im Reflex. LICENTIAT HANSEN.

Dem wahrhaftigen Krieger ist die Befreiung des Geschlechts zu schwach. Er fordert Tod oder Leben.

Die ästhetische Liebe ist treu ihrer wechselseitigen Untreue, denn dem Betrug liegt eine Illusion zu Grunde.

Während einer Messe verliert der Name seine Unschuld und entblößt beim Betrachter die Scham vor Verantwortung. CHARLOTTE HAHN; EIN PFARRER.

Die Dynamik der Liebe, der bittersüße Geschmack der Verzweiflung, will wohl verteilt sein in Wort und Schrift, damit beides sich nicht kurzschließt und den erotischen Funken in einer Explosion der Lust unter sich begräbt, so dass nichts mehr zu genießen ist. Und doch heißt es Vollkommenheit, gerade diesen im Werden zu zünden.

Substanz der Methode ist kein Objekt, sondern die Erfahrung der Jugend; ebenso wie im Zustand der seelischen Gegenwart Gezeitigtes mitschwingt.

1. BRIEF
Erstmals wird die Entwicklung in differenzierten Zuweisungen der- Liebe als Veränderung benannt - who is who.

2. BRIEF
Direkter Angriff auf das institutionelle Gehabe, dem der Schatten erst hinzuzudichten ist, indem man dessen Glanz durchschaut.

Ohne dass sich die Räumlichkeit selbst verändert hätte oder die Umgebung eine andere wäre, weniger gewohnt und vertraut, so hat sich in der bedingten Nähe dennoch das innere Klima einer Verlobung verwandelt; man rückt zusammen. Doch noch immer herrscht nicht die freie Liebe, sondern Distanz im Innern der subjektiven Erfassung des Anderen. Der Betrug ist nicht oberflächlich. Nicht das Herz ist Diebesgut, sondern vielmehr das geheime Spiegelbild des Opfers.

Die Einheit von Umgebung, Rahmen und Absicht ist das Geheimnis wahrhaftiger Erotik, wenn sie ganz erinnert werden will. DAS STUBENMÄDCHEN.

Nicht, dass das Objekt der Begierde sich nach seinigen Vorstellungen richtet, ist des Verführers Erfüllung. Um wirklich zu genießen, schaut das Verlangen aus dem Spiegel hervor, den die Methode dem Objekt vorhält,

Das Wesen der Verführung liegt darin, das Objekt der Begierde zum Sprung ins Unendliche zu reizen und zu locken, was dessen ursprüngliche Natur ausmacht und es voll erblühen lässt. Erst dann würzt das Erotische das berauschende Liebesmahl auf offener See mit vollen Segeln.

Durch immer wiederkehrende Besuche beim Onkel stärkt sich der Widerwillen gegen die engen Grenzen des Verlobtseins und macht sich Luft in Spöttelein. GESELLSCHAFT BEIM ONKEL.

Ein rechtes Zuckerwerk ist so ein unvertrautes Pärchen, bei dem sein Fall die Brust schwelt.

3. BRIEF
Wie ein Virus wird das Verlangen nach Ewigkeit des lieblichen Augenblicks in das Herz der Sehnsucht implantiert. Ungeduld erwacht im Rahmen ihrer Freiheit.

4. BRIEF
Die Verlockungen einer Kutschfahrt durch unberührte Landschaft, wo im Vertrauen der Natur die Zügel losgelassen werden.

Die Lust des Augenblicks gierig auf sich nehmend schafft das Potential sich dem Einen ganz hinzugeben. EIN GEHILFE.

Wenn man also sagt, dass die Liebe durch den Magen geht, so nimmt die Erotik den Weg über die Seele. Warum also nicht nur ahnen lassen, was das Herz begehrt.

5. BRIEF
Im Anspruch eines vergangenen Erlebnisses rührt die Wehmut die Tasten. - - - Grenzenlose Freiheit umschließt das Vermächtnis der Zeit; nur so ist das Kind zu gewinnen.

6. BRIEF
Eine Andeutung des Fremden reicht aus, um sich ins Vertrauen der Unschuld zu schleichen. So nimmt die Begierde unverschmutzt das Herz gefangen.

7. BRIEF
In Zusammenhang mit anderen gesetzt spornt die Leidenschaft an, sich erkennen zu geben. Festzuhalten, was bewegend in sich selbst ist, fällt um so schwerer, je heftiger das Gespräch durch Erotik geprägt ist. So ist Vor- wie Nachsicht eine Leistung des Geistes und nicht des begehrenden Körpers. Um das Wunderbare der Erotik zu entwickeln, ohne dass diese vor Rotgesichtigkeit die Schenkel gleich schließt, bedarf es feinster Streichelein von der Art, die unmittelbar zu Herzen gehen.

8. BRIEF
Dem Objekt der Begierde die Richtung vorschlagend vermittelt der Leidenschaft den Weg ins paradoxe Gegenüber ihrer selbst. Durchaus ist Herabwürdigen des Äußeren ein Mittel, um in den absoluten Besitz des begehrten Gegenstands zu kommen.

10. BRIEF
Anknüpfend an die Liebe zu sich selbst verbindet die aufrichtige Vernunft uns weckt sowohl die Leidenschaft wie das Vertrauen, sich gehen zu lassen.

11. BRIEF
Ohne Angabe konkreter Mächte ist der Widerstreit in einem selbst am Verführerischsten. Im Wald der Märchen wacht der Verführer gespannt im Hochsitz. Ihr Blick verlangt nach Stille des Gebets; reich an innerer Bewegung. DAS FISCHERMÄDCHEN. Um in das Innerste der begehrten Seele vorzudringen, nur die Scham vor eiteler Aufmerksamkeit dem Herzen unterliegen.

12. BRIEF
In der Erinnerung an die Geliebte kommt das Altertum zur vollen Offenbarung. Amor und Nemesis spannen den Bogen, der den Helden im Wahnsinn unvergesslich macht.

13. BRIEF
Mit Werbungen der reinsten Art - die Übertragung des eigenen Ichs ins andere Selbst - wird Sympathie dogmatisch zum Problem. Cordelias letztes Stündlein hat geschlagen, denn nun ist sie bereit. - Ist es nicht schön, der Liebe ins Gebüsch zu folgen und dort vom ersten Kuss bezeugt zu werden. 14. BRIEF Der Stil des Verführers kündet von der Art sich selbst in der Vergebung zu beherrschen.

15. BRIEF
Zur methodischen Verführung gehört es sich, dass die Aufgabe der Liebe vorgegeben wird, um stellvertretend für den anderen da zu sein. 16. BRIEF Die fesselnde Verwirrung wird sogleich umgemünzt in Unterwerfung. 17. BRIEF Beabsichtigt ist die vollkommene Verklärung der Geliebten Geistes.

18. BRIEF
Von mal zu mal mehr umrauscht von seiniger Stimme ist das Opfer der Verführung ganz Ohr geworden.

19. BRIEF
Damit die Abbildnahme als Schaden keine Entstellung hinterlässt, ist die Oberflächenspannung im Vergessen aufzulösen.

Bei einer Landpartie ergibt sich Gelegenheit zur Jagd. HANSINE JASPERSEN.

In Gesellschaft wird ein stilles Zettelchen schnell Anlass zur Scham, die derart geschürt erst recht der geheimen Bitte Folge leisten muss.

Im Seitenblick - ob im Theater oder auf der Straße - wird das Interesse aufgefordert, die Gemeinsamkeiten bis zur Unähnlichkeit zu durchforsten.

Eingebettet im Dunst der Reflexion durchdringt die Begierde die verwandtschaftliche Liebe.

Die Leidenschaft des Opfers der Verführung ist haltlos ohne preisgebendem Gegenüber ebenso, wie ein Lüftchen eine Blüte kost. --- Um ganz in den Besitz des erotischen Genusses zu gelangen, ist die Verlobung aufzulösen. Dies geschieht, indem die methodische Verführung ihrem Opfer den seinigen Begriff von Freiheit zu verstehen gedenkt.

Die Vernetzung der Sinne vollzieht sich nach Überwindung des Gegenspielers im direkten Kontakt, d.h. in unmittelbarer Berührung mit dem wesentlichen Gegenstand des Eros, dem Mythos.

Wer sich wahrhaftig als Diener der Liebe versteht, hätte im politischen Geschehen allein die kostbarste der Schönheit beim verdingten Weibe einzuklagen. DIENSTMÄDCHEN UND HAUSTOCHTEP, Der Aufzug der Schönheiten zu Sonntagsspaziergang. BAUERNDIRNEN UNS DEREN BURSCHEN. Junges Gemüse. DIE KÖCHINNEN. Im harschen Trost des Jägers ist die Trauer aufgehoben in autarkeia. MARIE, FRÄULEIN JULIANE.

Zum unmittelbaren Austausch des Erotischen ist das Ideal des objektiven Zeichens zu verwirklichen. --- Die Leidenschaft des Verführers ist nicht dem Untergang geweiht.

Die Erfahrung lehrt das Küssen seine ontischen Kategorien im Erleben des ersten Mals qualitativ zu entscheiden.

20. BRIEF
Ist die Antwort zum Kuss geworden, kommt diese Identität dem Absoluten gleich.

In der platonischen Erotik versucht der Geist sich verlockend mit Körper zu umgarnen.

21. BRIEF
Ein Akt der Methode ist das verführte Opfer zum Sprechen zu bringen, in dem es ganz gebietet. Im Gespräch mit dem Objekt der Begierde ist für die Entfaltung der Erotischen ausschlaggebend, dass die Unterhaltung stets getragen wird von den Mitteln der Sprache; Verständnis liegt ausschließlich in der Zeit.

22. BRIEF
Die Trennung der Körper strebt nach Vereinigung.

23. BRIEF
"Ist eine Umarmung ein Kampf?"

Nur scheinbar gewinnt die Verliebte Oberhand über ihren Verführer; malen nach geheimen Zahlen in würdiger Reife.

Ein obszöner Laut bei Tische verlangt nach erotischem Verständnis, will das Ohr wohlgestimmt genommen werden.

24. BRIEF
In den Kurven der körperlichen Landschaft des Opfers achtet der erfahrene Verführer ins besondere auf die Stellung der berauschenden Früchte.

Im Rückzug auf der Geliebten fremdes Land wechselt das Verlangen sein Gesicht; die im Vakuum der Einsamkeit blühende Verkehrung ist dann Wurzel des erotischen Opfers.

Die Aufklärung über die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Verlobung ist auch Sprösslingen nicht unbekannt, was jungfräulicher Scharfsinn beweist. Diskursiv erlangt die Frische Reifung. Im Reigen junger Mädchen prüft die Methode die Tiefe der Herzen; je leidenschaftlicher die Seele einer Schönheit durch Kasuistik bestimmt ist, desto eindringlicher fällt ihr Urteil, EIN PAAR JUNGFRAUEN.

Die Indirektheit der Verfahrensweise täuscht Erotik vor, welche sich im Betrug nach Leben sehnt.

Im Wechselspiel von Angst und Erfüllung entzündet sich die Rose der erotischen Liebe, deren Wurzeln den Grund des Sees durchziehen. Damit selbstverständlich die Einpflanzung des Wunsches nach Besitz im Geiste sich vollzieht, kann ein Augenblick genügen, der auffordernd streng Einhalt verlangt.

Ist erst das Interessante im Opfer der Verführung ganz von Leidenschaft entflammt, verbrennt die Lust des Körpers rasch die Schranken des verlobten Zusammenseins; überall ist Liebe das seinige Element.

Bis ins tiefste Selbstgespräch hinein dringt die Stimme, die sich in Freiheit endlich kundtut.

25. BRIEF
Erfüllung findet die Liebe wesentlich im Verlassen des allgemein Vertrauten.

Die mit Vorsatz beschlossene Trauer dient dem Verführer im Geheimen den Topf zu besorgen, in dem die Liebe gedeihen soll. Derart hintergründig ist >Mitleid erregen< verlockend.

Auf den Zahn gefühlt entscheidet sich der Betroffene zum Austausch desselben, trotz Verlust der Wahrhaftigkeit, will er gerade diese scheinbar erhalten.

Noch ist die Form künftiger Begegnungen vollkommen unklar; nur eines ist sicher: dass in See gestochen ist.

Für die Schönheit, die ein Mann bei einem Weib feststellt, gilt, dass sie wahrnehmbar sei als ein strahlendes Urteil und damit die begehrende Aufmerksamkeit im Ganzen fesselt. Maßgeblich ist der Formenreichtum des leidenschaftlichen Körpers, um die Welt zu vergleichen. In der Behandlung des Weibes als eine Kategorie von Erfahrung tritt zu Tage, dass ein anderes Sein den Geist bestimmt. Dieses Traumgebilde ist dann aufgeklärte Wirklichkeit, wenn bei Nacht die Schäfer springen. Über die Liebe gelangt die Schönheit zu Bewusstsein. - - - Im Schatten der Vorstellung liegt ihr Bild auf scheinbarem Grund. - - - Die Befreiung der Schönheit im Sing-Sang von Frage und Antwort. - - - Sich verzehrend der Kälte der Unschuld ergeben zerbricht dem Unerhörten die Fassung. - - - Der augenblicklichen Vereinigung fehlt es an Zeugen. - - - Im Spiel mit den Ringen ist ihr Wesen außer sich vor Scham erhitzt; in der Gesellschaft war gerade noch ein Seufzer vor denn Einschlag in Einsamkeit aufzufangen. - - - Nur die anmutige Schönheit ist in der Lage, die Phantasie des verführenden Auges zu beflügeln, indem sie Wasser auf seinige Waffen stürzt und so den Stein zum Quellen bringt.

Einzig die Rache, sich am Objekt der Verführung unterhaltend auszuleben, bleibt dem Besessenen, will er nicht sein Herz verlieren, womit es für immer mit dem Genuss aus wäre; der Krieg hat keine Kinder, die er waschen kann.

Als verführerischtes Moment einer gewissen Reife kann wohl der private Hochzeitsaugenblick gelten, der selbst im Kleinen leidenschaftlich groß, gar pathetisch ist.

Im Rückblick auf das Interessante der Verführung wird der Bruch mit der Verlobung zum wesentlichen Element der leidenschaftlichen Liebe.

16.9.
Freies Gefieder gleitet empor in der erwarteten Nacht voll Dauer, Kraft und Stärke. - - - Die plötzliche Veränderung der Verhältnisse ist dem nächsten Gehör gleichermaßen Scham wie Stolz.

Im idyllischen Abseits vom Geschehen stärkt sich die aufgerissene Haut. Die Tante ordnet die Entfernung aus Erfahrung der Cordelia an, was zur Entführung Anlass gibt.

26. BRIEF
Dem verletzten Teil der Liebe gut zuredend - bloß auf sich selbst zu hören gibt eine Vorstellung von der Präsenz der gestärkten Leidenschaft. - - - In Anbetracht der anderen wächst das eigene Leid ins Unermessliche.

Wichtigste Aufgabe der verführerischen Begierde ist es, die Landschaf in ein. anderes Licht zu tauchen; besonders im Herbst, wenn die Furcht vor praller Lüsternheit mehr als nur die Augen sättigt.

27. BRIEF
Wenn nichts mehr übrig bleibt, kein Wort, kein Zeichen, kann die Umarmung der Körper rein in Freiheit sein.

28. BRIEF
Über den Weg durch den Untergrund findet die wahrhaftige Liebe immer eine Gelegenheit sich zu begegnen.

29. BRIEF
In der Dunkelheit wacht das Ohr über den zitternden Körper.

Nicht im Geschwätz über entfernte Zustände liegt der Akt der methodischen Verführung, sondern in der absurden Behandlung der Gegenwart als wunschlose Sehnsucht.

Ganz in sichtbarer Abwesenheit versunken, wirkt die Einrichtung der Herzensart wie nicht bestellt und abgeholt; ins besondere hergerichtet durch des Dieners Treue.

Das Haus inmitten der Lichtung beherbergt alle nur vorstellbaren Räume der grenzenlosen Liebe in geschmückter Alltäglichkeit. Wiedererkennend sieht das Opfer der Verführung in seiner Blendung die Dinge als Besessenheit, träumend Wirklichkeit, was der Liebe ihre Höhle ist.

30. BRIEF
Verweisend auf die ständige Abwesenheit des Anderen, bereitet die Methode im Geheimen gleich die schicksalhafte Trennung der Geschlechter vor.

24.9.
Die Erfüllung steht kurz bevor; wenn der Wagen nicht bricht oder die Pferde vorzeitig durchgehen. Alles Sein ist schön durchtränkt von Grausamkeit.

25.9.
Die Sonne lichtet die Nacht der Erkenntnis. Derart enttäuscht treibt die Begierde den Verführer, seiniges >Abschied nehmen< zu vermeiden. Fleisch der Gedanken allein wäre im weiteren noch erfahrbar durch Ergebenheit.